
Da ich durch eine Seminararbeit über solche Staudammprojekte in Afrika etwas vorbelastet bin, hat mich die Geschichte des Damms natürlich interessiert. Was jetzt kommt ist möglicherweise etwas trocken aber vielleicht ein kleines Lehrstück über Grossprojekte in Afrika und Entwicklungshilfe.
Als der Damm geplant wurde, waren dies die Ziele:
- Stromproduktion für Mali, Mauretanien und Senegal.
- Bewässerung von 3750 km2 Farmland.
- Regulation des Wasserspiegels des Bafing und des Senegal, um die Flüsse dem Schiffsverkehr zu öffnen.
- Ansiedlung einer Fischereiindustrie
- Intensivierung der Zusammenarbeit der drei Länder.
Der Damm wurde in den 80ern von einem internationalen Entwicklungshilfe-Konsortium finanziert und vor allem mit deutscher Hilfe gebaut. Bei der Fertigstellung der Staumauer 1987 waren jedoch die 500 Mio $ verbaut und es blieb kein Geld übrig für das Kraftwerk, die Stromleitungen und das Bewässerungssystem. Es stand nun also ein immenser Damm in der Landschaft, der den Fluss aufstaute, 12'000 Leute zum Umzug gezwungen hatte, aber sonst nichts brachte. Ohne Stromproduktion konnten natürlich auch die Kredite nicht abbezahlt werden. Schlimmer, die jährlichen Fluten, auf die die kleinen Bauern angewiesen waren für ihre Ernte, fielen komplett aus. Dies führte zu Unruhen, brach alte Spannungen auf und löste fast einen Krieg aus. 70'000 Menschen flüchteten.
Auch auf die Natur hatte der Damm natürlich einen erheblichen Einfluss. Das stehende Wasser war der ideale Nährboden für gewisse Krankheiten (v.a. Bilharziose), und die fehlenden Fluten führten zu einem Waldsterben flussabwärts. Ah ja, Schiffsverkehr gibt's bis heute nicht.
Leider war das Fotografieren nicht erlaubt, weil - stellt Euch vor - ich hätte ja hochsensible Intel über Escher-Wyss Teile in die Schweiz schmuggeln können!
Was uns als erstes auffiel, war, dass es nach Manantali keine gescheite Strasse gibt. Wie baut man so ein Monster (1.4 km breit, 65 m hoch) mehr als 300 km von der nächsten brauchbaren Infrastruktur entfernt? Respekt!
Wir hatten das Glück, dass wir eine sehr ausgiebige Führung durch das Kraftwerk machen konnten. Dass wir beide ein bisschen Technik begeistert sind, hat wohl auf den Ingenieur, der uns rumgeführt hat, abgefärbt. Er hat uns glaub wirklich alles gezeigt was es zu sehen gab, und alles bis ins Detail erklärt. Vielleicht half auch, dass nur alle paar Monate mal jemand für ne Führung vorbeikommt. Auffallend war, das alles sauber war, nichts geflickt und nichts gepfuscht - dies ist auch bei neueren Anlagen hier nicht selbstverständlich.
Das beste war, dass eine der fünf Turbinen gerade in Revision war. Über Leitern und durch Schächte führte er uns zum grossen Ansaugtunnel der Turbine, 4 m Durchmesser! Dort konnten wir durch eine Luke reinkriechen. Irgendwie fühlt man in diesem Tunnel den Druck vom Stausee im Nacken... Ein fetter Strahler leuchtete den Tunnel aus, da dieser sich aber zu einer sich verjüngenden Spirale um die Turbine kringelt, ergibt sich eine spezielle, düstere Beleuchtung. Wir konnten bis zur Turbine vorgehen und uns das Teil von ganz nahe ansehen: Die grossen, verstellbaren Paddel der Kaplanturbine, die Edelstahllamellen, die den Wasserdurchfluss regeln und das bei einem Echo, wie ich es noch nie gehört habe, SO GEIL!
Satellitenbilder der Region von 1977 und 1999 (UNEP)
Zur Jahrtausendwende kam unter Beteiligung der Weltbank ein neues Finanzierungsprojekt zustande. Das Kraftwerk konnte gebaut werden (2003), die überland Hochspannungsleitungen nach Bamako und Dakar wurden etwas verzögert auch fertiggestellt. Die Bewässerungsinfrastruktur für etwa 1/3 der vorgesehenen Fläche steht und wird weiter ausgebaut. Soweit es die Elektrizitätsproduktion zulässt, werden in der Regenzeit die traditionellen Überflutungen durch öffnen der Schleusen simuliert.
Es sieht so aus als würde das Projekt halbwegs die Kurve kriegen - zu den doppelten Kosten wohlgemerkt. Ich weiss selbst nicht so genau, was die Moral von der Geschichte ist, sie ist auf jeden Fall traurig, obwohl man jetzt noch wahrscheinlich das beste daraus macht.
Da meine Zusammenfassung natürlich unvollständig ist, habe ich hier noch zwei Links:
Manantali - an African Case Study (World Energy Council)
Senegal River Case Study (ETH/EAWAG Seminararbeit)
Wie ich Manantali als Touri erlebt habe.

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